Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) will ein Drittel der Deutschen auch im Rentenalter weiterarbeiten. Das bietet uns einen Hebel gegen den Fachkräftemangel.
Nur noch Urlaub und Bingospielen? Für viele Deutsche kommt diese Vision des Ruhestands nicht infrage, wie eine Umfrage des IW zeigt:
- 34% wären bereit, auch nach Erreichen des Rentenalters weiterzuarbeiten
- Im Umkehrschluss kommt das für 66% nicht infrage
- Aber: Je älter die Befragten, umso mehr Bereitschaft
- Besser ausgebildete Beschäftigte und Führungskräfte haben eine höhere Bereitschaft
Der letzte Punkt dürfte nicht überraschen: Für wen die Arbeit mehr klimatisiertes Büro und weniger Presslufthammer bedeutet, der kann sich eher vorstellen, so weiterzumachen.
Führungskraft zu sein bedeutet außerdem oft sozialer Status, Verantwortungsgefühl und bedeutsame Arbeit; was hohe Motivatoren für die Arbeit im Alter (und davor) darstellt.
Noch weniger überraschend ist, dass die Verhältnisse im Job die Motivation beeinflussen. Wer mit seiner Arbeit zufrieden ist, könnte länger dabei bleiben. Alles klar.
Mich persönlich überrascht auch nicht, dass ältere Befragte offener fürs längere Arbeiten sind. Jüngere Arbeiter:innen freuen sich eher auf die Vorstellung eines ewigen Urlaubs, aber je näher er rückt, umso klarer wird vielen, dass sie Arbeit eben doch nicht so übel finden. Plus, ältere Menschen hatten bereits mehr Zeit, um in ihrer Karriere an einen Punkt zu gelangen, wo ihre Arbeit ihnen gefällt und Bedeutung besitzt.
Vielleicht ein wenig überraschender: Die Finanzen spielen gar keine sonderlich große Rolle. Die wenigsten Befragten wollen länger arbeiten, weil sie sich um ihr Geld sorgen. Da könnte natürlich auch die Korrelation mit dem höheren Bildungsstand und Führungspositionen eine Rolle spielen. Solche Menschen sind finanziell tendenziell abgesicherter.
Ich finde, diese Ergebnisse sind eine gute Nachricht. Wenn Menschen länger berufstätig blieben, wäre das ein gewaltiger Hebel gegen den Fachkräftemangel und gegen den demografischen Druck, welcher uns in Deutschland erwartet. Wir reden hier ja schließlich über erfahrene, häufig gut ausgebildete Arbeiter:innen.
Dass die Bundesregierung mit ihrer “Rentenaufschubprämie” einen finanziellen Anreiz setzt, um alte Beschäftigte im Arbeitsmarkt zu halten, ist großartig (auch wenn es das katastrophale Rentenpaket II nicht kompensiert).
Eine große Aufgabe geht allerdings auch an die Unternehmen. Zu oft sehen diese ihre älteren Mitarbeiter:innen als Ballast, der noch ein paar Jahre lang herumgetragen wird, bevor er sich endlich mit Kuchen und höflichen Worten in den Ruhestand begibt. Andersherum ist es für Menschen über 50 Jahre oft schwer, den Job zu wechseln bzw. einen neuen Job zu finden.
Das ist natürlich fatal. Unternehmen sollten aktiv daran arbeiten, ihre erfahrenen (!) älteren Mitarbeiter:innen zu halten, am besten mit ganz eigenen “Rentenaufschubprämien”. Und sie sollten offener mit der Idee umgehen, ältere Menschen für ihre Vakanzen in Betracht zu ziehen. Natürlich schafft das neue Anforderungen ans Onboarding, aber nichts, was eine gut organisierte Firma nicht hinkriegen würde. Das Ergebnis wäre, plötzlich auf einen ganz neuen Pool aus Fachkräften zugreifen zu können – oder die eigenen Fachkräfte länger im Laden zu behalten.