Die Shell Jugendstudie 2024 zeigt, dass junge Menschen in Deutschland wenig Lust auf Vollzeit haben – und eher die Männer im Job sehen.
Die Shell Jugendstudie ist meines Wissens nach der Goldstandard was den Blick in die Köpfe der jungen Leute in Deutschland (15 bis 25 Jahre) betrifft: Viele Fragen, repräsentativ ausgewählte Stichprobe und seit so langem existent, dass sie schöne Vergleiche über Zeit erlaubt.
Der Teil, der mir direkt ins Auge gestochen ist, ist jener zur “Idealen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit”, bezogen auf eine “fiktive Partnerschaft mit einem zweijährigen Kind”.
- 49% bevorzugen einen männlichen Allein- oder Hauptversorger (2019: 56%)
- 11% denken, dass beide Partner in Vollzeit arbeiten sollten (2019: 12%)
- 32% finden, dass beide Partner 30 Stunden oder anderweitig reduziert arbeiten sollten (2019: 22%)
- … und 3% bevorzugen eine weibliche Versorgerin
Was heißt das? Erstens: Die Vollzeit hat ein Reputationsproblem. Dreimal so viele Jugendliche sehen eine Doppel-Teilzeit-Konstellation als ideal an als eine Doppel-Vollzeit-Konstellation. Klar, das wird sich mit dem Eintritt in den Arbeitsmarkt noch ändern. Aber dass Vollzeit nicht mehr so ganz en vogue ist, sieht man ja auch an den Statistiken zu Erwachsenen.
Nicht gut für unsere Fachkräftesituation: Je weniger Stunden wir kollektiv arbeiten, umso mehr Fachkräftelücke werden wir erleben.
Zweitens: Ein klassisches Rollenbild mit dem Mann als Versorger und der Frau im Haus scheint noch immer vorzuherrschen, auch bei den Jugendlichen. Das ist kein gutes Signal für die Bemühungen, Frauen stärker in den Arbeitsmarkt zu bekommen, was schließlich einen der größten Hebel gegen den Fachkräftemangel darstellt. Immerhin: Der Trend scheint in die richtige Richtung zu gehen.
Am Ende des Tages geht es hier um Jugendliche, welche teilweise noch 10 Jahre davon entfernt sind, irgendetwas mit dem Arbeitsmarkt am Hut zu haben. Über die jüngere Generation zu schimpfen ist seit mindestens 4.000 Jahren ein beliebtes Hobby, wenn nicht seit Anfang der Menschheit. Meistens stellt sie sich dann doch als völlig in Ordnung heraus.
Und zu guter Letzt ist es nicht die Aufgabe der jüngeren Generation, den Fachkräftemangel zu lösen, sondern unsere. Es liegt an uns, beispielsweise klare Anreize für Vollzeitarbeit (und eine neue Kultur drumrum) zu schaffen.